- Friedensnobelpreis 1978: Mohammed Anwar as-Sadat — Menachem Begin
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Der ägyptische Präsident und der israelische Ministerpräsident wurden für den Friedensschluss zwischen Ägypten und Israel ausgezeichnet.BiografienMohammed Anwar as-Sadat, * Mit Abul Kom (Ägypten) 25. 12. 1918, ✝ Kairo 6. 10. 1981; 1938 Absolvent der ägyptischen Militärakademie, 1952 Beteiligung am Staatsstreich gegen König Faruk, 1954-56 Staatsminister, 1960-61 und 1964-69 Parlamentspräsident, 1969 Vizepräsident, 1970 Staatspräsident Ägyptens, 1973 Initiator des Jom-Kippur-Kriegs.Menachem Begin, * Brest-Litowsk (Weißrussland) 16. 8. 1913, ✝ Tel Aviv-Jaffa (Israel) 9. 3. 1992; 1942 Emigration nach Palästina, 1943 Führer der Irgun-Untergrundorganisation, 1948 Gründung der Cherut-Partei, 1967-70 Minister ohne Geschäftsbereich, 1977-83 Ministerpräsident Israels.Würdigung der preisgekrönten LeistungAm 19. November 1977 bestieg der ägyptische Präsident Anwar as-Sadat ein Flugzeug und reiste nach Israel — das Land des Erzfeinds, mit dem Ägypten schon vier erbitterte Kriege geführt hatte. Sadat wollte sich in Jerusalem mit seinem israelischen Kollegen Menachem Begin treffen, um endlich eine Aussöhnung zwischen den verfeindeten Nachbarn in Gang zu bringen. In einer historischen Rede vor der Knesset, dem israelischen Parlament, bot er die Anerkennung des Staates Israel an und unterbreitete ein Friedensangebot.Nach 30 Jahren Hass zwischen Juden und Arabern, der seit der Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 aus Palästina ein permanentes Krisengebiet gemacht hat, war das der erste ernsthafte Versuch zu einer Befriedung des Nahen Ostens. Das Nobelpreiskomitee sah diese Friedensinitiative als »dramatischen Bruch mit der Vergangenheit und mutigen Schritt vorwärts in ein neues Zeitalter« und zeichnete Sadat und Begin ein Jahr später mit dem Friedensnobelpreis aus.Mit Gewalt für die jüdische SacheDer in Brest-Litowsk geborene Begin trat angesichts des wachsenden Antisemitismus in Osteuropa mit 16 Jahren der radikalen zionistischen Jugendorganisation Betar bei und wurde 1939 nach Abschluss seines Jurastudiums in Warschau deren Anführer. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Polen floh er nach Litauen, wo er aber verhaftet, in ein sibirisches Arbeitslager verbannt und erst 1941 wieder freigelassen wurde.1942 gelang es Begin, mit falschen Papieren nach Palästina auszuwandern, wo er bald zum Kopf der rechtsradikalen Untergrundbewegung Irgun Zwai Leumi aufstieg, die durch blutige Terroranschläge vor allem gegen die britische Mandatsregierung und deren einschränkende Einwanderungspolitik für Juden aus Europa kämpfte. So wurden 1946 bei einem Bombenanschlag auf das Hauptquartier der Briten im Jerusalemer »King David Hotel« 80 Menschen getötet. Auf die Ergreifung Begins war eine Belohnung von 10 000 Pfund ausgesetzt, doch er konnte sich der Verhaftung immer wieder entziehen.Nach Gründung des Staates Israel wandelte Begin die Irgun in die rechtsgerichtete Cherut-Partei um, wurde Abgeordneter der Knesset und war von 1967 bis 1970 Minister in der nationalen Einheitsregierung. Erst als im Mai 1977 der seit 1973 bestehende konservative Likud-Block die israelischen Parlamentswahlen gewann, wurde der »ewige« Oppositionsführer Menachem Begin neuer Premierminister. Die arabische Welt war bestürzt, doch Begin bekräftigte, wie seine Amtsvorgänger, die Entschlossenheit seines Landes, auf einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten hinzuwirken, und lud die arabischen Staatschefs an den Verhandlungstisch.Kampf für die ägyptische UnabhängigkeitGenau wie Begin war Anwar as-Sadat Gegner der britischen Herrschaft. Als Offizier wollte er die Unabhängigkeit seines Landes erkämpfen, und obwohl er aus ärmlichen Verhältnissen stammte, schaffte er die Aufnahme in die Militärakademie, wo er sich mit Gamal Abdel Nasser anfreundete. Wegen seiner Kontakte zum britischen Kriegsgegner Deutschland während des Zweiten Weltkriegs wurde Sadat verhaftet. 1946 verdächtigte man ihn der Mitwirkung am Mordkomplott gegen einen probritischen Minister. Er kam ins Gefängnis und wurde erst zwei Jahre später freigesprochen.Im Jahr 1952 stürzten Nasser, Sadat und die von ihnen gegründete Vereinigung »freier Offiziere« die ägyptische Monarchie von König Faruk I. Danach bekleidete Sadat unter Präsident Nasser hohe politische Ämter in der jungen ägyptischen Republik: Unter anderem war er Staatsminister, Generalsekretär der Staatspartei »Arabische Sozialistische Union« und lange Jahre Parlamentspräsident; 1969 wurde er zum Vizepräsidenten ernannt und schließlich nach Nassers Tod 1970 dessen Nachfolger als ägyptischer Präsident.1973 unternahm Sadat den Versuch, die seit dem Sechstagekrieg 1967 von Israel besetzte Sinai-Halbinsel zurückzuerobern, doch der Jom-Kippur-Krieg endete mit einem militärischen Patt und als Begin 1977 zu Friedensverhandlungen einlud, sah Sadat die Möglichkleit, die besetzten Gebiete auf friedlichem Weg zurückzugewinnen.Sadats friedenspolitischer AlleingangSadats historischem Besuch in Jerusalem folgten weitere Verhandlungen und im September 1978, durch Vermittlung des amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter, das Abkommen von Camp David, in dem Rahmenbedingungen für die Lösung der Spannungen vereinbart wurden. Im März 1979 unterzeichneten beide Länder einen Friedensvertrag, der zur Rückgabe der Sinai-Halbinsel an Ägypten führte. Auf israelischer Seite stieß das Abkommen trotz des Verlusts des Sinai auf breite Zustimmung. Sadat hingegen wurde in seinem arabischen Lager als Verräter an der arabischen Sache angesehen: Ägypten wurde 1979 aus der Arabischen Liga ausgeschlossen und erst zehn Jahre später wieder aufgenommen. Auch innenpolitisch musste sich der Präsident mit einer stärker werdenden Opposition auseinander setzen. Vor allem die islamischen Fundamentalisten waren gegen die Einigung mit dem politischen wie religiösen Feind. Sadat reagierte mit Härte und ließ im September 1981 rund 1500 Personen verhaften: Intellektuelle, Journalisten, religiöse Führer und andere Gegner seiner Politik. Im Oktober 1981 wurde Sadat während einer Militärparade zum Gedenken des Jom-Kippur-Kriegs von Extremisten erschossen. Doch auch Israel brachte das Abkommen nicht den umfassenden Frieden. Der Vertrag mit Ägypten hatte zwar Bestand, doch mit allen anderen Nachbarn blieb das Verhältnis gespannt: 1981 annektierte Begin die Golanhöhen, 1982 ließ er israelische Streitkräfte in den Libanon einmarschieren.S. Straub
Universal-Lexikon. 2012.